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Stamm 18 B 1

Dieser Text stammt von Dr. Cord Thormählen, Itzehoe, und wurde entnommen aus dem Buch „Holsteiner Stutenstämme“, 2. Auflage, Asmussen Verlag. www.asmussen-verlag.de

Dieser Stutenstamm lässt sich bis 1810 zurückverfolgen. Seit 1813 ist er bei der Familie 
Thormählen in Neuendorf beheimatet und wird in 6. Züchtergeneration heute von Dr. Cord Thormählen gepflegt.

Die von Thies Thormählen 1861 gezogenen Stute Lisch (v. Alex) brachte vier Töchter, die jede eine Stammlinie begründete: Delphine begründete die Linie 18 A 1, Brame die Linie 18 A 2, Ella die Linie 18 B1 und Bellona die Linie 18 B 2. Bis auf die Linie 18 B 2, die ausgestorben ist, existieren die übrigen drei bis in die Gegenwart.

Mit der Stute Ella, der Begründerin, der Linie 18 B 1, wäre diese Linie auf dem Hof in Neuendorf auch schon fast wieder ausgestorben, denn sie brachte nur 2 Fohlen. Aber ihre Tochter Hertha, geboren 1887 v. Young Ethelbert, setzte diese Linie bei Martin Thormählen fort und sollte dann zu Beginn des 20. Jahrhunderts züchterisch einen Höhepunkt setzen. Sie brachte von Cicero drei gekörte Hengste, von denen Kürassier der mit Abstand Bedeutendste wurde. Zwar konnte er die Cicero-Linie in der männlichen Linie nicht retten, dafür wurden seine Gene über die Mutterlinie in der Holsteiner Zucht verankert. Wichtigster Vertreter ist dabei Tobias, der letzte Sohn des Achills aus einer Kürassier-Mutter. Über Tobias und seine Nachfahren existiert diese uralte F-Hengstlinie bis zum heutigen Tag. Zwei Vollschwestern zu Kürassier Vesta und Wachtel wurden mit Schiller und Vollmacht ebenfalls Hengstmütter, die beide in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Züchterschaft einen sehr guten Namen hatten.

Fünf Stutengenerationen blieb es dann um den Stamm relativ still. Nur die Stute Jura, geb. 1931 von Nenndorf, setzte in Anpaarung an die Hengste Heino und Logarithmus einen neuen Meilenstein für diese Stutenlinie. Erstmals konnten Pferde aus diesem Stamm im Sport ihre Springveranlagung unter Beweis stellen. So ging Orient (v. Heino) unter dem Sattel von H.G. Winkler und gewann mit ihm 1954 den Großen Preis von Aachen und ein Jahr später die Weltmeisterschaft der Springreiter. Jupiter (v. Logarithmus) ging unter dem Sattel von Anneliese Hager, die vier Mal mit ihm die erfolgreichste Amazone Süddeutschlands wurde. Er hatte sowohl im Springen wie auch in der Dressur Erfolge bis zur Klasse S.

Ein neues züchterisches Highlight nach Hertha setzte die Stute Dorette, geb. 1945, v. Monarch. Bevor es aber so weit war, musste sie in der Nachkriegszeit den Überlebenskampf gegen die rasche Motorisierung und Mechanisierung in der Landwirtschaft bestehen. Viele gute Stuten und auch ganze Stämme sind in dieser Zeit verloren gegangen. Landwirte, die gegen den allgemeinen Trend noch Pferde behielten, galten als rückschrittlich. Denn kostendeckenden Preise waren mit der Pferdezucht nicht mehr zu erzielen und die Perspektiven für die Umnutzung und Umzüchtung von Wirtschaftspferden zu Reitpferden waren zu der Zeit noch sehr vage. Ein dickes Fell gegenüber dem allgemeinen Spott einerseits und eine große Pferdepassion anderseits haben beim Züchter Claus Thormählen und seinem Sohn J.H. Claus Thormählen dazu beigetragen, dass der Stamm 18 B 1 über die Stute Dorette auf dem Hof überleben konnte. Die Früchte dieser Pferdepassion konnten erst sehr viel später geerntet werden, denn erst 1961 und 1963 wurden zwei Söhne der Dorette gekört. Der erste Sohn war Farn (v. Fax I), der seinerzeit Siegerhengst war, aber nach einem Jahr Deckeinsatz in Holstein bereits in die Niederlande verkauft wurde. Dort wurde er zu einem bedeutenden Stempelhengst und Linienbegründer, besonders über den Sohn Nimmerdor. Als Muttervater tritt Farn auch gehäuft in Erscheinung u.a. bei Lars Niebergs Hengst Fighting Alpha und bei G. Billingtons It’s Otto. Der zweite Hengst war Roman (v. Ramzes AA). Auch er wurde zunächst verkannt und nach nur drei Decksaisons aus der Zucht eliminiert. Als Privathengst beim Hengsthalter Johannes Blohm in Brokreihe erlebte er seinen Wiederaufstieg. 1973 und 1974 war er Vererberchampion in Holstein, gemessen an der Gewinnsumme seiner Nachkommen im Turniersport. Konnte er auch die männliche Linie des Ramzes AA nicht stärken, so war er doch als Stutenmacher und Muttervater von Hengsten wesentlich erfolgreicher. Hengste wie Cantus, Carolus und Carry stammen alle aus einer Roman-Mutter.

Dorette lieferte zwei bedeutende Stuten, Adrette, geb. 1964, v. Heilbutt und Ella, geb. 1968, v. Colt. Adrette lieferte in Anpaarung an Ramiro den Hengst Ronald. Ähnlich wie bei Roman konnte auch dieser Hengst sich besonders über seine Töchter in Szene setzen. Hengste wie Alcatraz, Cortez und der Worldcupsieger Libero H stammen aus einer Ronald-Mutter. Über die Adrette-Tochter Hera v. Moltke I wurde in Anpaarung an Ladykiller xx der Hengst Lagos geboren, der in Züchterkreisen einen guten Ruf genießt. Dazu hat nicht zuletzt auch die mehrfache Siegerin von Weltcupspringen Mobilcom Goldika mit Toni Hassmann beigetragen, die aus einer Lagos-Stute stammt, ebenso wie der Springhengst Cassone mit Dirk Ahlmann.

Ella wurde vierfache Hengstmutter, wobei insbesondere ihr erstes Fohlen Constant, geb. 1972, von Cor de la Bryere, als Sportpferd unter Dr. Michael Rüping und als Zuchthengst Akzente setzen konnte. Als Mentor für diesen Hengst ist der Stationshalter Hans Jürgen Köhncke aus Badendorf zu nennen, der Constant trotz seiner in Holstein unbeliebten Fuchsfarbe einen beachtenswerten Zulauf an Stuten im Deckgeschäft verschaffen konnte. 
Er wurde für seinen Glauben an Constant belohnt mit der Geburt des Sohnes Chin Chin, der an zwei Olympischen Spielen in Seoul und Barcelona teilgenommen hat. Heute deckt Chin Chin in Holland und ist dort ein vielbeschäftigter Beschäler. Auch die Constant-Tochter Deichgräfin siegte mit Carten Otto Nagel in Weltcupspringen. Als Muttervater hat Constant ebenfalls eine Spur hinterlassen, u.a. bei Hengsten wie Coriander, Libertino und Ramirado, aber besonders bei Sportpferden wie Cöster, Europameister 2003 mit Christian Ahlmann.

Als Zukunftshengst wird in einem holländischen Artikel von Jac Remijnse der Hengst Quantum, geb. 1994, von Quidam de Revel, bezeichnet. Er stammt aus der Vollschwester von Constant, der Stute Ulla. Johann Lass aus Leck ist der Züchter. Die ersten Nachkommen, u.a. der Hengst Quintero scheinen mit ihren Erfolgen diese Vorschußlorbeeren zu rechtfertigen.

Auf dem Hof der Thormählens in Neuendorf wird der Stamm mit der Stute Fortüne, geb. 1991, von Calando I, fortgesetzt. Dieser auf das Glück Bezug nehmende Name kommt nicht von ungefähr, denn sie ist die einzige Nachkomme der Stute Ode, eine Ronald-Stute aus der Ella, die von allen Töchtern der Ella im Sport das meiste Preisgeld gewonnen hat. Mit dem Juniorenreiter Peter Holzschuh erzielte Ode im Springsport Erfolge bis zur Kl. S. Kaum in den Züchterstall zurückgekehrt verstarb sie14-jährig auf der Weide, als ihre Tochter gerade
4 Monate alt war. Weil auch die Stute Zilia (v. Liostro, Mutter von Cagliostro) 1993 durch Blitzschlag starb, war auf einmal der Fortbestand des Stammes auf die Stute Fortüne fixiert. Zum wiederholten Mal in den fast zwei Jahrhunderten hat dieser Stamm auf dem Hof der Thormählens mit Fortüne überlebt. Die Stute Fortüne hat inzwischen einen gekörten Sohn Amoroso (v. Acorado) im Z-Stutbuch und bislang drei Nachkommen, die Kl. M/A und S erfolgreich sind. „Fortüne“ bedeutet eben nicht nur Glück sondern auch Erfolg!

Fortüne hatte bislang zwei Stutfohlen. Lady Angela, geb. 1996, von Latus II, ist mit Hans-Dieter Dreher in Klasse S erfolgreich. In Vermezzo/ITA gewann sie ihr erstes S-Springen. Mittlerweile ist sie in S**-Springen platziert. 
Nonchalance, geb. 1998, von Exorbitant xx, bekam bei Dr. Cord Thormählen ein Hengstfohlen von Calato und ein Stutfohlen von Acobat II, bevor sie in den Besitz von Sandra Asmussen wechselte und dort in der Zucht eingesetzt wird.

Romulus von Ramirado aus der Fortüne wurde über die Frühjahrsauktion verkauft und wird, mittlerweile 9jährig, von Otto Becker geritten.

Der gekörte Hengst Amoroso van de Helle heißt mittlerweile „Atrap“ und wird von dem Mexikaner Santiago Lambre geritten. Er gewann im September 2009 den Großen Preis von Paderborn.